Sind steigende Zinsen für Banken ein Risiko?

Sind steigende Zinsen für Banken ein Risiko?

Seit vielen Jahren sinken die Zinsen weltweit auf niedrigste Niveaus. Das gilt sowohl für die kurzfristigen als auch für die langfristigen Zinsen. Während sich bei den langfristigen Zinsen vor allem die Baufinanzierer freuen, dass sie den Kredit immer günstiger bekommen, sind es auf der anderen Seite die Sparer, die immer mehr Risiken eingehen müssen, um überhaupt noch eine Verzinsung zu bekommen. Häufig werden die Spareinlagen aber weiter einfach kurzfristig angelegt in der Hoffnung, sie dann bei einem Zinsanstieg später höher verzinst anlegen zu können. Prinzipiell sind diese Verhaltensweisen nachvollziehbar. Auf die Banken kommt in diesem Umfeld jedoch eine immer größere Herausforderung zu.

Denn mit jedem Jahr, in dem das Niedrigzinsumfeld weiter anhält, wächst der Bestand an niedrigverzinsten, langfristigen Krediten. Diese werden zunehmend kurzfristig, also über Geldmarktkonten oder Sichteinlagen oder Spareinlagen refinanziert. Dies setzt die Banken allein schon deshalb unter Ertragsdruck, weil jedes Jahr der Bestand an höher verzinsten Altkrediten abnimmt, während auf der Einlagenseite die Spielräume für Zinssenkungen bereits ausgeschöpft sind. Sprich, die Zinsmarge, also die Differenz zwischen Zinseinnahmen und Zinsaufwendungen, sinkt immer weiter. Um die Ertragslage ein wenig zu stabilisieren, reichen die Banken nun verstärkt langfristige Kredite aus – was auch dem Kundenwunsch entspricht. So stieg der Anteil an Zinsbindungen über 10 Jahre von unter 30% (Anfang 2012) auf zuletzt knapp 45% in 2017.

Eine solche Ausgangslage kann dann zu einem Risiko (Zinsänderungsrisiko) für die Banken werden, sollte das Zinsniveau in kurzer Zeit stark ansteigen. Dann müssten die Banken auf der Einlagenseite die höheren Zinsen weitergeben, während auf der  Kreditseite die Erhöhungen nicht im selben Umfang erfolgen könnten, da es hier ja langfristige Festschreibungen gibt. Würde sich ein Zinsanstieg dagegen sehr langsam vollziehen, hätten die Banken Gelegenheit, sich darauf einzustellen. Es kommt bei einem Zinsanstieg also ganz auf die Geschwindigkeit an, mit der er dann kommt.

Auch wenn aus heutiger Sicht kaum jemand mit einem schnellen und starken Zinsanstieg rechnet, hat die Bankenaufsicht das Problem der Zinsänderungsrisiken schon länger erkannt. Die Zinsrisiken werden mit einer Kennzahl, dem sogenannten „Zinsrisikokoeffizienten“, oder auch „Basel II – Zinsschock“ gemessen. Hierbei wird, vereinfachend gesagt, der Barwertverlust des gesamten Zinsbuches ins Verhältnis zu den Eigenmitteln gesetzt, wenn hypothetisch unterstellt wird, dass die Zinsen auf einen Schlag um 200 Basispunkte ansteigen. Die Aufsicht spricht dann von erhöhten Zinsänderungsrisiken, wenn die Kennzahl größer als 20% ist.

Gemäß dieser Kennzahl sind laut dem Finanzmarktstabilitätsbericht 2017 der Bundesbank insbesondere zwei Bankengruppen erhöhten Zinsänderungsrisiken ausgesetzt: die Sparkassengruppe und die Genossenschaftsbanken. Das sind Bankengruppen, die sich ihrem Geschäftsmodell entsprechend nicht über den Kapitalmarkt, sondern über ihre Kunden refinanzieren. Und die o.g. Verhaltensweisen der Kunden spiegeln sich eben in den jeweiligen Produktnutzungen wider.

Falls die Zinsen also überhaupt steigen sollten, hängt es zum einen sehr stark davon ab, wie schnell und nachhaltig dieser Zinsanstieg erfolgt. Zum anderen spielt es auch eine große Rolle, wie sich die einzelnen Banken auf solch einen Fall vorbereitet haben.