Die Euro-Gruppe hat mal wieder getagt

Die Euro-Gruppe hat mal wieder getagt

Einmal im Monat treffen sich die 27 EU-Finanzminister in der sogenannten Euro-Gruppe. Das letzte Treffen Anfang Dezember wurde für alle Minister zu einer langen Nacht. Immerhin war das Ziel der fast 18-stündigen Verhandlungen kein geringeres, als die Währungsunion und damit auch die einzelnen Banken stabiler zu machen. Die Ergebnisse der 18 Stunden sind nicht in allen Punkten zufriedenstellend.

Die Verhandlungsergebnisse orientieren sich zum einen an der Kapitalrichtlinie, zum anderen an den Abwicklungsvorgaben. Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) bekommt eine ganze Reihe von meuen und Zuständigkeiten und Aufgaben. Über den ESM wurden ja bisher schon eine ganze Reihe von Überbrückungsfinanzierungen vorgenommen. Die Instrumente der 2012 installierten Finanzinstitution wurden nun bedeutend erweitert:

– Backstop: Damit ist eine neue Not-Kreditlinie für Banken beim ESM gemeint. Der sogenannte Backstop ist für besonders schwere Krisen bestimmt, doch was sind schwere Krisen? Wer stellt diese fest? Backstop-Darlehen fließen vom ESM jedenfalls nur dann, wenn der von den Banken selbst gespeiste Abwicklungsfonds ausgeschöpft ist (s.u.). Aus deutscher Sicht positiv ist, dass gegen den Willen Deutschlands der ESM keinen Kredit vergeben kann – normalerweise müssen alle 19 Euro-Staaten zustimmen, im Ausnahmefall reicht eine Mehrheit von 85 Prozent. Das Volumen des Backstops soll genau der im Bankenabwicklungsfonds angesparten Summe entsprechen. Das sind derzeit gut 61 Milliarden Euro. 

– Schuldenschnitt: Der ESM soll im Fall einer drohenden Staatspleite das Recht bekommen, einen Schuldenschnitt bei den Gläubigern des betroffenen Landes zu organisieren. Eine neue Regelung bei Staatsanleihen soll es ab 2022 erleichtern, einen Schuldenschnitt notfalls bei allen Gläubigern eines betroffenen Landes durchzusetzen. Wenn man allerdings bedenkt, dass die meisten Gläubiger Banken sind, dann ist schwer vollstellbar, wie diese angesichts der angespannten Ertragslage Schuldenschnitte verkraften könnten – insbesondere in den aus heutiger Sicht kritischen Ländern wie Griechenland oder Italien.

– Makroökonomische Kontrolle: Der Euro-Rettungsfonds soll die Volkswirtschaften der Euro-Zone künftig gemeinsam mit der EU-Kommission überwachen. Wie das in der Praxis aussehen soll und wo die Überwachung konkret ansetzen soll, ist noch offen. Ob die betroffenen Länder tatsächlich zu diesen Kontrollen bereit sind und sich daran halten, darf bezweifelt werden.

– Vorsorgliche Hilfe: Der ESM darf Mitgliedstaaten künftig unter bestimmten Bedingungen ohne wirtschaftspolitische Auflagen eine Kreditlinie einräumen, die das Land im Notfall ziehen kann. Damit will man Ländern mit grundsätzlich gesunden Staatsfinanzen helfen, die ohne eigenes Verschulden Schwierigkeiten an den Finanzmärkten bekommen. Auch das wird sich im Praxisfall erst noch zeigen müssen,  ob diese Bestimmung nicht eher weich ausgelegt wird.

– Bankenunion: Die Eigenkapitalvorschriften für Banken werden teils gestärkt, teils aber auch mit neuen Ausnahmen für kleine Banken, staatliche Förderbanken und für Infrastrukturinvestitionen wieder gelockert. Außerdem müssen die Banken für ihre eigene Abwicklung Kapital vorhalten, das im Notfall sofort eingezogen werden kann.

– Erleichterung für kleine Institute: Nach jahrelangen Diskussionen und unterschiedlichen Vorstellungen des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission und der einzelnen Aufsichtsbehörden, scheint es nun eine Einigung zu geben, dass es für Banken, deren Bilanzsumme geringer als 5 Mrd. Euro ist, verschiedene Erleichterungen gibt. Das ist für viele Sparkassen und fast alle Genossenschaftsbanken eine gute Nachricht.

– Einlagensicherung: Eigentlich wollte die EU noch vor Jahresende einen Fahrplan für politische Verhandlungen über die EU-Einlagensicherung beschließen. Doch das hat Deutschland mit folgender Argumentation verhindert: über EDIS (European Deposit Insurance Scheme) könne erst dann verhandelt werden, wenn ein weiteres großes Risiko aus den Bankenbilanzen verschwinde: die Anhäufung von Anleihen des Heimatstaates – verbreitet vor allem in den Bilanzen südeuropäischer Geldhäuser. Damit ist die ganz praktisch gesehen die EU-Einlagensicherung auf lange Zeit vom Tisch.

Die Verhandlungsergebnisse müssen nun noch durch ein Gesetzgebungsverfahren, erst dann sind sie ins nationale Recht umgesetzt.

Es bleibt am Ende der Eindruck, dass sich die EU-Finanzminister zwar in ein paar wenigen Punkten einig geworden sind. Sich insgesamt jedoch einige Hintertüren offen gelassen haben, um im Bedarfsfall an einzelne Länder weitreichende Finanzhilfen zu gewähren, für die dann die europäische Gemeinschaft insgesamt haftet.